Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische Sportmedizin

Kitesurfen

Kitesurfen nicht gefährlicher als andere Sportarten! Sprunggelenk, Knie und Rippen sind gefährdet

Kitesurfen ist eine Wassersportart, die 1997 neu “erfunden” wurde und sich in Europa sowie in Amerika in den letzten drei Jahren stürmisch entwickelt hat. Kitesurfen ist auf dem besten Weg, der einstigen Trendsportart Windsurfen den Rang abzulaufen. Kite als Bezeichnung für Drachen oder Lenkdrachen und Surfen als Bezeichnung für Wellenreiten und Windsurfen beschreiben die neuartige Sportart Kitesurfen. Mit einem Lenkdrachen (Powerkite) kann der Surfer die Kraft des Windes nutzen und in einer Kombination von Surfen, Wakeboarden und Paragleiten eine spektakuläre Performance erzielen. Es werden ein bis zwei Meter lange Surfboads mit Fußschlaufen gefahren. Bereits nach einer kurzen Lernphase sind hohe Geschwindigkeiten beim Gleiten über das Wasser sowie Sprünge von mehreren Metern Höhe möglich. Die radikalen Manöver am Wasser sowie insbesondere die spektakulären Sprünge von fünf bis zehn Metern Höhe auch bei flachem Wasser erklären das rege Publikumsinteresse. Die Wachstumsraten dieser Sportart liegen in Österreich, Deutschland und der Schweiz bei 50 Prozent pro Jahr.

Diese neue Sportart ist aber nicht ohne Gefahren. Das Ziel neuer sportmedizinischer Studien war es, das Risiko dieser neuen Sportart aufzuzeigen. Der Autor überblickt ein Kollektiv von 75 Kitesurfern/innen in Österreich. Im Rahmen der Wettkampfbetreuung des Kitesurf Worldcup 2001 bis 2003 wurden die Verletzungen und Überlastungs-symptome der 82 Top Kitesurf-Profis aus aller Welt erhoben. Eine Studie aus Norddeutschland (Petersen 2002) beschreibt ein Kollektiv von 72 Kitesurfer/innen.

Abschnürungsverletzungen entstehen durch ungeübtes Hantieren und Verheddern mit den dünnen und extrem zugfesten Leinen, wobei Arme und Beine, besonders aber die Finger verletzt werden. Die gespannten Leinen bergen auch eine Gefahr für Personen innerhalb des Sicherheitsabstandes. Dadurch, dass der Kite einen Zug nach oben entwickelt, sind Luftsprünge von mehreren Sekunden Dauer und mehreren Metern Höhe
möglich. Die Landung sollte im optimalen Fall ein sanftes Aufsetzen und zu Boden schweben sein – dies erfordert sehr viel Geschick und Gefühl bei der Steuerung des

Drachen während der Flugphase. Wird der Drachen schlecht gesteuert, so wird der Surfer wie von einer Steinschleuder zu Boden geschleudert. Harte Landungen haben sogar am Wasser zu Sprunggelenksverletzungen (Bandverletzungen, Knochenbrüche) sowie Knieverletzungen (Kreuzband- Seitenbandverletzungen) geführt. Diese Verletzungen sind denen von Snowboard- Sportlern ähnlich.

Auch Rippenbrüche, können beim Sturz auf die Wasseroberfläche, die ab einer Aufprallgeschwindigkeit von 60 km/h hart wird, verursacht werden. Der häufigste Unfallmechanismus ist der Sturz auf Gegenstände, die sich an Land befinden. Die häufigste Unfallursache ist der Kontrollverlust über den Kite an Land oder am Ufer. Eine große Gefahr bergen Kites, die losgelassen wurden. Zwei Fälle mit Kopfverletzungen sowie ein tragischer Todesfall sind in der Studiengruppe aus Kiel bekannt. Diese Fälle demonstrieren, wie wichtig die Verwendung von Sicherheitsleinen ist, die den Surfer mit dem Kite verbinden.

Als sportartspezifisches Überlastungssymptom lässt sich derzeit der Ermüdungsbruch der Rippen, bevorzugt der 7. bis 9. Rippe, bezeichnen. Dieser Ermüdungsbruch kann durch den Druck des Trapezgurtes in der Taille einerseits sowie durch hohe Zug- und Rotationskräfte andererseits verursacht werden.

Das allgemeine Verletzungsrisiko pro 1000 Stunden Sportausübung liegt laut einer Internet basierten Studie von Petersen bei 5 Verletzungen pro 1000 Stunden Kitesurfen, wobei hier alle, auch Bagatelleverletzungen, berücksichtigt sind. Schwere Verletzungen, die einer medizinischen Behandlung bedürfen waren mit 1 pro 1000 Stunden Kitesurfen deutlich seltener. Die Verletzungshäufigkeit beim Kitesurfen ist vergleichbar mit Sportarten wie Windsurfen auf Wettkampfniveau. Verglichen mit anderen Sportarten liegt das Verletzungsrisiko beim Kitesurfen etwas niedriger als das beim Skifahren und Snowboarden (6/1000). Horrormeldungen über schwere Verletzungen und Todesfälle lassen sich aufgrund der durchgeführten Analysen auf ein Ausmaß reduzieren, das mit anderen Sportarten vergleichbar ist. Ein, im Studienkollektiv der Arbeitsgruppe in Kiel um Petersen dokumentierter tragischer Todesfall sollte Anlass für die Weiterentwicklung und auch die Akzeptanz von Sicherheitssystemen sein, die auch unter Zugbelastung im Notfall ein Ausklinken der Kites zulassen.

Dr. Karl-Heinz Kristen
Email: khkristen@a1.net

Der Autor:
Dr. Karl-Heinz Kristen ist Sportorthopäde und Mitglied der Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische Sportmedizin (GOTS)
Er ist Race Doktor der Kitesurf Profis im Rahmen des Kitesurf Worldcup in Podersdorf am Neusiedlersee. Er hat sich mit Sicherheitsaspekten in Trendsporten wie Windsurfen, Inline Skaten und Snowboard in Publikationen und in der aktiven Betreuung der Sportler ausgezeichnet.

27. August 2003

Eine Antwort

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