Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische Sportmedizin

Sport mit Schulterprothesen

Radfahren und Schwimmen sind geeignet, Kampfsportarten und Bodybuilding verboten

Auch mit Schulterprothesen kann man Sport treiben – Eine ärztliche oder physiotherapeutische Begleitung ist zu empfehlen

In der Vergangenheit wurde die Sportfähigkeit von Endoprothesenträgern generell zurückhaltend betrachtet, da Sport und körperliche Belastung mögliche Auslöser für Prothesenlockerungen darstellen können. Diese Beobachtungen basieren jedoch in erster Linie auf Angaben zu Lockerungsraten zementierter Prothesen aus dem Bereich der Hüftendoprothetik. Dank fortgeschrittener Technik sind aktuell verwendete Schulterprothesen jedoch in der Lage, das natürliche Gelenkspiel weitestgehend nachzuahmen. Dabei handelt es sich um modulare Systeme mit verschiedenen Größen und Orientierungen der einzelnen Prothesenkomponenten, welche die Anatomie der Schulter nahezu identisch abbilden. Ob und inwieweit die sportliche Belastbarkeit bei einem Oberflächenersatz am Schultergelenk möglich ist, hängt jedoch nicht nur von der technisch und biomechanisch optimalen Einpassung des Kunstgelenkes ab.

Eigene Untersuchungen anhand eines Kollektivs von 171 Patienten mit Schulterendoprothese haben ergeben, dass die Sportfähigkeit nicht nur durch das Alter und die Motivation eines Patienten sowie dessen sportliche Vorerfahrungen begrenzt wird. Trophik (Stoffwechselzustand) und Dehnungszustand der Weichteile sowie die Unversehrtheit der das Gelenk führenden Muskulatur (Rotatorenmanschette) spielen darüber hinaus eine bedeutsame Rolle. Empfehlungen zum Sport mit Schulterprothese sollten daher nur Einzelfall bezogen erfolgen.

Allgemein geeignet sind die so schulterunspezifischen Disziplinen, also diejenigen, die in erster Linie die unteren Extremitäten fordern. Auszuklammern sind in diesem Zusammenhang Sportarten mit besonderer Sturzgefährdung. Zu den bedingt bzw. wenig geeigneten Sportarten zählen jene mit einseitiger oder kombinierter Anforderung der oberen Extremitäten. Ungeeignet sind Sportarten mit erhöhten Verletzungsrisiken, Kontakt- und Überkopfsportarten. Wurfbelastungen und abrupte dynamische Belastungsspitzen sind zu vermeiden.

Bevor Endoprothesenträger mit dem Sport beginnen, bedarf es einer intensiven Beratung, welche Sportart mit welcher Belastungsintensität und Dauer betrieben werden darf. Der Zeitpunkt der Wiederaufnahme sportlicher Aktivität nach Prothesenimplantation richtet sich nach der operativ und physiotherapeutisch erreichten Beweglichkeit und der muskulären Gelenkstabilisierung. Schulterspezifische Sportarten sollten frühestens nach einem halben Jahr begonnen werden. Sportliche Vorerfahrungen sind im Allgemeinen von großem Nutzen, da der Patient die erforderlichen Bewegungsmuster nicht erst erlernen muss.

Empfehlungen zu einzelnen gängigen Sportarten

Schwimmen, insbesondere langsames Brustschwimmen, darf generell empfohlen werden. Die Disziplinen Kraulen, Rückenkraulen und Schmetterling können jedoch schädigende Überlastungen im Schultergelenk durch Überkopfbewegungen zur Folge haben.

Radfahren kann problemlos mit dem Heimtrainer betrieben werden. Bei Bergtouren und auf unebenen Strecken muss neben der Sturzgefahr mit vermehrten Zug- und Stützbelastungen gerechnet werden.

Fitness, Gymnastik und Kräftigungstraining zählen zu den bedingt geeigneten Sportarten und sollten nur unter intensiver Betreuung durch einen erfahrenen Sportlehrer oder Physiotherapeuten ausgeübt werden. Bei der Verwendung von Trainingsgeräten und Zugapparaten sind lange Hebel zu vermeiden. Die Übungsabläufe sollten kontrolliert und mit niedriger Belastungsintensität ausgeführt werden. Bodybuilding und Krafttraining der Arme sind für den Schulterendoprothesenträger verboten.

Golfspielen bringt keine wesentlich vermehrte Belastung des Schultergelenkes mit sich. Laut einer Befragung von 50 Mitgliedern der American Shoulder and Elbow Society wird Golfspielen überwiegend zu den empfehlenswerten Sportarten mit Schulterendoprothese gezählt. Der Bewegungsablauf sollte jedoch dynamisch kontrolliert ablaufen.

Tennis, Badminton und andere Überkopf-Ballsportarten können, wenn überhaupt, nur mit Einschränkungen empfohlen werden. Insbesondere Rückschlagspiele sind mit hohen dynamischen Belastungsspitzen und großen Bewegungsamplituden verbunden. Hier sollte vor allem auf dosierte Aktivitätsmuster geachtet werden. Beim Tennis sind Bälle und Schlägerbespannung mit optimaler Härte auszuwählen.

Beim Rudern, Segeln und Reiten sowie bei allen Sportarten mit vermehrten Zug- und Haltearbeiten im Schultergelenk sollten abrupte Bewegungsformen vermieden werden. Rudern im Trockengerät mit niedriger Belastungsintensität kann problemlos empfohlen werden. Der gute Trainingseffekt ist insbesondere bei dosiertem Bewegungsausschlag gegeben.

Besonders geeignete Sportarten: Wandern, Walking, Jogging, Radfahren, Schwimmen, Aquajogging, Gymnastik.

Bedingt geeignete Sportarten: Fitness, dosierte Kräftigungsübungen, Reiten, Golf, Kegeln, Skilauf, Leichtathletik, Rudern, Segeln.

Wenig geeignete Sportarten: Tennis, Badminton, Volleyball, Turnen, Fußball, Klettern, Mountainbiking.

Ungeeignete Sportarten: Kampfsport, Schnellkraftdisziplinen, Bodybuilding.

Professor Dr. Rüdiger Schmidt-Wiethoff, Köln

Universitätsprofessor Dr. med. Rüdiger Schmidt-Wiethoff ist Leiter der Abteilung Sportorthopädie der Deutschen Sporthochschule Köln und Oberarzt der Klinik für Orthopädie und Sporttraumatologie des Dreifaltigkeits-Krankenhauses in Köln. Seine sportmedizinischen Aktivitäten umfassen die ärztliche Betreuung des Toyota Turnteams (1. Bundesliga und 6-facher Deutscher Meister) und die Mitbetreuung des Olympiastützpunktes Köln-Bonn-Leverkusen. Bei den Olympischen Spielen in Athen war er als Mannschaftsarzt des Teams von Usbekistan im Einsatz. Als betreuender Arzt der Tennis ATP Tour erhielt er 1999 die Auszeichnung als “Bester Turnierarzt des Jahres”. Er ist seit 2002 Mitglied des GOTS-Vorstandes. Professor Schmidt-Wiethoff ist zu erreichen unter: E-Mail: schmidt-wiethoff@dshs-koeln.de

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