GOTS-Jahrespressekonferenz 2003 in Hamburg: Nach schwerer Arthrose wieder die Lebensqualität steigern
Sport mit Prothese am oberen Sprunggelenk: Golf, Wandern, Skilaufen, Schwimmen und Radfahren
Die Resultate eines künstlichen Ersatzes des oberen Sprunggelenkes zeigen optimistische Frühresultate. Neuere biomechanische Erkenntnisse sowie die Einführung der stressfreien 3-Komponenten-Prothese brachten in den letzten Jahren neue erfolgsversprechende Lösungsansätze. Die Erkenntnisse aus den in vitro Bewegungsstudien des Rückfußes, dass das obere Sprunggelenk eine schraubenförmige dynamische Bewegungsachse hat und damit kein einfaches Scharniergelenk ist und dass die Arthrodese des oberen Sprunggelenkes zu hohen Rotationsbewegungen des Schienbeines sowie Stressbelastung benachbarter Fußgelenke führt, haben die Autoren überzeugt, dass der endoprothetische Ersatz – analog zu den übrigen größeren Gelenken – auch für das arthrotische obere Sprunggelenk gewinnbringend sein kann. Den biomechanischen Anforderungen kann jedoch nur eine mit einem anatomischen Design versehene Sprunggelenkprothese genügen, die frei von den verbleibenden Bändern und Sehnen geführt wird (“ligament balancing”).
Patienten und Prothesentyp
Von Februar 1996 bis zum heutigen Datum (November 2003) wurden an der Orthopädischen Universitätsklinik Basel über 300 Sprunggelenkprothesen implantiert. Anfangs die S.T.A.R.-Sprunggelenkprothese (LINK® S.T.A.R. Scandinavian Total Ankle Replacement; Waldemar Link, Hamburg, Deutschland), von Mai 2000 bis heute die anatomisch geformte HINTEGRA- Sprunggelenksprothese (HINTEGRA®; Newdeal SA, Vienne, France). Das neue Konzept der HINTEGRA-Prothese hat im Vergleich zur S.T.A.R.-Prothese und zu früheren Prothesentypen wesentliche Fortschritte gebracht. Durch die anatomische Form der Schienbein- und
Sprungbeinkomponenten sowie den einzigartigen Gleitmechanismus des Kunststoffgleitkerns auf der glatten Schienbeinunterfläche sind widerstandsfreie Beuge-Streck-Bewegungen möglich, die allein durch den Kapselbandapparat und die Sehnen geführt werden. Die auf die im Knochen verankerten Implantate einwirkenden Kräfte sind deshalb weitgehend auf Kompressionskräfte beschränkt, während Scher- und Hebelkräfte auf ein Minimum reduziert bleiben dürften, solange Stabilität und Stellung des Rückfußes korrekt sind. Dieses mechanische Konzept muss damit für die weitere Entwicklung in der Sprunggelenkprothetik als wegweisend gesehen werden. Zudem ist die Knochenentfernung minimal und damit ein Umstieg auf eine Versteifung ohne wesentlichen Längenverlust des Beines grundsätzlich möglich.
Die präoperative Diagnose war in 78 Prozent der Fälle eine posttraumatische Arthrose des oberen Sprunggelenks (Arthrose nach einer Verletzung: zum Beispiel Bruch, chronische Instabilität), primäre Arthrose des oberen Sprunggelenks in 12 Prozent und systemische Arthrose (durch eine andere entzündliche Erkrankung des Körpers bedingte Arthrose) in 10 Prozent der Fälle. Das durchschnittliche Alter aller Patienten beträgt 58 Jahre (22 – 85 Jahre).
Indikationen und Kontraindikationen der Sprunggelenksprothetik
Indikationen:
Posttraumatische Arthrose nach Knöchelbruch Trümmerbruch Sprungbeinbruch OSG-Instabilität
Primäre Arthrose
Arthrose bei systemischer Gelenkerkrankung Rheumatoide Arthritis Lupus erythematodes Schuppenflechte Sklerodermie Bluterkrankheit
Kontraindikationen:
Infekt Lokale Durchblutungsstörung Lokaler Weichteildefekt Ausgedehnte Osteonekrose (Absterben von Knochengewebe; >1/3 der Oberfläche) Entgleister Diabetes mellitus Aktuelle Basistherapie mit hohen Dosen von Cortison und/oder Metatrexat Fehlende Mitarbeit des Patienten
Patienten-Evaluation
Anlässlich der jährlichen Kontrollen werden an der Orthopädischen Universitätsklinik Basel die Patienten nach den Schmerzen, der Funktion im Alltag und im Sport und der Zufriedenheit mit der erfolgten Behandlung befragt. Die Schmerzbeurteilung erfolgt nach einer visuellen Punkteskala von 0 – 10 Punkten. In der klinischen Untersuchung werden die Fußstellung, die Stabilität und der Bewegungsumfang beurteilt und mit der Gegenseite verglichen. Mittels standardisierter Röntgenaufnahmen werden die Patienten regelmäßig radiologisch untersucht. Dabei wird auf das Einwachsen der Prothese, Lockerung der Komponenten und andere Parameter geschaut. Die Beweglichkeit für Beugung und Streckung wird klinisch und unter Durchleuchtung sitzend und im Stehen mittels einer speziellen Apparatur bestimmt.
Resultate
Die Patienten sind in 82 Prozent der Fälle zufrieden oder sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Bei allen Patienten konnte eine im Vergleich zur präoperativen Situation signifikante Schmerzreduktion erzielt werden, in 75 Prozent der Fälle sogar eine totale Schmerzaufhebung. Der erreichte Bewegungsumfang ist bei den Patienten im Durchschnitt 38 Grad (12 Grad Dorsalflexion, 26 Grad Plantarflexion).
Die Freizeitsport-Tätigkeit ist mit einem prothetisch versorgten oberen Sprunggelenk durchaus möglich. Die Sportaktivität beträgt im vorliegenden Patientenkollektiv im Schnitt 56 Prozent. Die angegebenen Sportarten sind Schwimmen, Wandern, Radfahren, Golfspielen und Skifahren. Eine absolute Kontraindikation stellen hingegen Kampf- und Kontaktsportarten sowie Stop-and-Go-Disziplinen mit schweren Belastungen des oberen Sprunggelenks dar. Die radiologische Untersuchung zeigt bei den jährlichen Kontrollen eine feste Verankerung und ein gutes Einwachsen sämtlicher Implantate.
Dr. V. Valderrabano
Prof. Dr. B. Hintermann
Prof. Dr. Beat Hintermann und Dr. Victor Valderrabano
Orthopädische Universitätsklinik Basel
Kantonsspital
CH-4031 Basel
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e-mail: bhintermann@datacomm.ch, v.valderrabano@bluewin.ch
www.fusszentrumbasel.ch
Prof. Dr. Beat Hintermann und Dr. Victor Valderrabano sind aktive Mitglieder der Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische Sportmedizin GOTS und Autoren zahlreicher Publikationen sowie mehrfache Forschungspreisträger (inkl. GOTS-Forschungspreis) im Bereich der Sportorthopädie, -Traumatologie