Die Einführung der Olympischen Spiele der Neuzeit wurde 1894 als Wiederbegründung der antiken Festspiele in Olympia auf Anregung von Pierre de Coubertin beschlossen. Als “Treffen der Jugend der Welt” sollten sie dem sportlichen Vergleich und der Völkerverständigung dienen. Seit 1896 finden alle vier Jahre Sommerspiele und seit 1924 Winterspiele statt. Seit 1994 alternieren Winter- und Sommerspiele im zweijährigen Rhythmus. (https://www.bmi.bund.de/DE/service/lexikon/functions/bmi-lexikon.html?cms_lv3=9398224&cms_lv2=9391120).
Die Olympischen Sommerspiele in Tokio wurden im März 2020 aufgrund der Corona-Pandemie auf das Jahr 2021 verschoben worden. Die weltweite Ausbreitung von COVID-19 brachte nicht nur unseren Alltag durcheinander – alles war und ist jetzt anders und es ergaben sich auch erhebliche Folgen für den Sport und die in den Medien viel diskutierte Austragung der Olympischen Spiele im Jahr 2021. Die Spiele sollen nun am 23. Juli 2021 beginnen, der Start der Paralympics ist für den 24. August geplant. Japans Hauptstadt ist zum zweiten Mal nach 1964 Gastgeber.
Die Pandemiemaßnahmen stehen bei der Vorbereitung auf die Olympischen Spiele im Vordergrund. Das sogenannte „Playbook“ soll in der Corona-Pandemie die zentrale Informationsquelle für alle an Spielen Beteiligten werden (https://olympics.com/tokyo-2020/en/games/tokyo-2020-playbooks/). Festgehalten ist hier das Corona-Regelwerk für die Sommerspiele, das in seiner aktuellen Version auf stolze 70 Seiten angewachsen ist. Es beschreibt die Verantwortlichkeiten und Pflichten aller Teilnehmer der Spiele sowie die Regeln, die zu befolgen sind – beginnend 14 Tage vor der Reise sowie bei der Einreise nach Japan, während der Spiele und bei der Abreise. Die Interaktion mit Nicht-Teilnehmern der Spiele ist auf ein Minimum zu beschränken. In dem Regelwerk sind unter anderem konkrete Hygiene-Anweisungen enthalten. So ist das Tragen eines Mund-Nase-Schutzes nahezu überall -außer beim Essen, Trinken, Training, Wettkampf oder beim Schlafen- verpflichtend. Auch der Kontakt zur allgemeinen japanischen Bevölkerung ist weitestgehend untersagt. Tägliche Corona-Tests sollen durchgeführt werden und die Nutzung einer Smartphone-App zur Kontaktnachverfolgung ist verpflichtend. Laut IOC werden ca. 80 Prozent der Athletinnen und Athleten im Olympischen Dorf geimpft sein. Einen Unterschied zwischen geimpften und ungeimpften Personen soll es während der Olympischen Spiele jedoch nicht geben.
Ausländische Zuschauer werden nicht nach Japan einreisen dürfen. Es wird zum ersten Mal in der Geschichte keine Wettkämpfe mit jubelnden Zuschauern und Fans aus aller Welt an der Wettkampfstätte geben. Möglicherweise wird es aber einer sehr begrenzten Zahl von Einheimischen erlaubt sein, die Wettkämpfe vor Ort zu verfolgen.
In Rio de Janeiro starteten 2016 bei den letzten Olympischen Sommerspielen rund 11.200 Sportlerinnen und Sportler. Bei den Paralympics waren es 4.300. Ähnliche Teilnehmerzahlen werden auch in Tokio erwartet. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) wird rund 400 Athletinnen und Athleten und ca. 300 Betreuer entsenden. Das medizinische Betreuerteam unter der Leitung von Prof. Dr. Bernd Wolfarth wird aus ca. 20-22 Ärzten, ca. 30-35 Physiotherapeuten und ca. 4-6 Sportpsychologen bestehen und wird die sportmedizinische Versorgung im Olympischen Dorf und an den jeweiligen Wettkampfstätten gewährleisten.
Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hat das Wettkampfprogramm von 28 auf 33 Sportarten erweitert, sodass auch für das medizinische Betreuerteam nochmals erweiterte sportarztspezifische Kenntnisse notwendig sind. Neu dabei bzw. wieder dabei sind die Sportarten Baseball/Softball, Karate, Sportklettern, Skateboard, Surfen. Insgesamt werden in 339 Wettbewerben (165 für Männer, 156 für Frauen, 12 Mixed, 6 offen) Medaillen vergeben. Die Aufstockung des Wettkampfprogramms erfolgt vor allem zugunsten von Mixed-Teams zum Beispiel im Bogenschießen, Judo, Triathlon und in der Leichtathletik (4 x 400 m) (https://tokio.sportschau.de/tokio2020/nachrichten/Olympische-Spiele-2021-in-Tokio-Die-wichtigsten-Daten-und-Fakten,fakten116.html).
Auch das Klima stellt Athleten und Betreuer vor besondere Herausforderungen. Von Mitte Juli bis Ende August ist es in Tokio meist sehr heiß und schwül bei durchschnittlichen Temperaturen von über 31 Grad und einer mittleren Luftfeuchtigkeit von über 70 Prozent. Nach den Erfahrungen mit derartigen Extrembedingungen bei der Leichtathletik-Weltmeisterschaft 2019 in Doha (dort jedoch vor allem trockene Hitze) beschloss das IOC die Marathon- und Geh-Wettkämpfe in das 800 Kilometer nördlich gelegene und etwas kühlere Sapporo zu verlegen. So hat das IOC auch die Startzeiten der Triathleten und der Vielseitigkeitsreiter in die etwas kühleren frühen Morgenstunden verlegt. Zusätzlich wurde ein Ratgeber für die Athleten und Betreuer mit dem Titel “Beat the Heat” herausgegeben (https://olympics.com/athlete365/games-time/beat-the-heat/).
In dieser Broschüre sind Empfehlungen für Akklimatisierung, Sonnenschutz, Medikamente und Kleidung nachzulesen. Als weitere Maßnahmen gegen die Hitze will Tokio beispielsweise Anti-Hitze-Farbe für Straßen aufbringen und vermehrt mobile Wassersprenkler installieren. Der Zeitunterschied bei den Olympischen Spielen in Tokio zu Mitteleuropa beträgt +7 Stunden. Eine adäquate Hitze-Akklimatisierung und eine Anpassung an die Zeitverschiebung sind für die Athleten unerlässlich. Insbesondere die Ausdauerathleten benötigen eine ausreichende Hitze-Akklimatisierung um den mit Hitze und Luftfeuchtigkeit verbundenen Leistungsverlust zu minimieren. Die Pandemiemaßnahmen haben auch einen erheblichen Einfluss auf die unmittelbaren Wettkampfvorbereitung (UWV). So mussten etliche Verbände geplante Vorbereitungs- und Anpassungstrainingslager umplanen, verschieben oder gar komplett absagen. Nach den aktuellen Regularien ist es den Athleten immerhin möglich 5-7 Tage vor dem jeweiligen Wettkampf nach Japan und in das Olympische Dorf einzureisen.
Die intensive sportliche Belastung, die im Rahmen der unmittelbaren Wettkampfvorbereitung besonders kritische Momente enthalten kann, bringt eine Reihe von Risiken für Erkrankungen und Verletzungen mit sich. Neben der eigentlichen medizinischen Versorgung der Athletinnen und Athleten bei den Olympischen Spielen vor Ort gehört zu den Aufgaben des medizinischen Teams auch die systematische Verletzungs- und Krankheitsüberwachung, die sich inzwischen gut etabliert hat. Diese ist Voraussetzung für einen effektiven Schutz der Gesundheit der Sportler (Grim 2017). Epidemiologische Daten tragen zu einer besseren Planung und Bereitstellung der Versorgung von Athleten bei und liefern wichtige Informationen für die Entwicklung von Maßnahmen zur Prävention von Verletzungen und Krankheiten. Wie bereits im Editorial der aktuellen Ausgabe der DZSM geschrieben, kann sicherlich festgehalten werden, dass die Olympischen Spiele in Tokio im Jahr 2021 nicht nur unter den Corona-Bedingungen eine Herausforderung der besonderen Art darstellen und auch die sportmedizinische Betreuung in unterschiedlichster Art und Weise beeinflussen. Völlig unabhängig davon ob die betreuenden Ärzte in einem eher internistischen oder orthopädisch-traumatologischen Schwerpunkt arbeiten.
DIE AUTOREN
PD Dr. med. Casper Grim, Klinikum Osnabrück, Klinik für Orthopädie und Sportmedizin; Leitender Orthopäde der Deutschen Olympiamannschaft, Leitender Verbandsarzt Deutsche Triathlon Union, Vizepräsident Deutschland der GOTS
Prof. Dr. med. Bernd Wolfarth, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Leiter Abt. für Sportmedizin; Humboldt Universität zu Berlin, Lehrstuhl Sportmedizin – Institut für Sportwissenschaft; Institut für angewandte Trainingswissenschaft Leipzig, Fachbereich Sportmedizin; Leitender Olympiaarzt des Deutschen Olympischen Sportbundes, Leitender Verbandsarzt Deutscher Skiverband
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