Prof. Hans Bauerfeind ist kurz vor Vollendung seines 82. Lebensjahres gestorben. Mit ihm verlieren die Deutsche Herstellersparte für medizinische Hilfsmittel und die Deutsche Orthopädie einen der innovativsten und bedeutendsten Familienunternehmer.
Er war nach seinem Studium zum Textilingenieur ab 1962 sechs Jahrzehnte lang in seinem vom Vater Rudolf übernommenen Unternehmen tätig. Ursprünglich in Zeulenroda gegründet, wurde die Firma Bauerfeind 1949 in Darmstadt aufgebaut und 1978 nach Kempen verlagert. Zu dieser Zeit nahm er mit untrüglichem Unternehmerinstinkt die Idee von Prof. Dr. Heinrich Heß (damals betreuender Arzt der Deutschen Fußballnationalmannschaft und später Gründungspräsident der GOTS) für eine völlig neue, komprimierende Gelenk-bandage auf. Daraus wurde die Genutrain-Bandage entwickelt und eine ganze Generation von Train-Bandagen, welche die Konkurrenzprodukte vom Weltmarkt verdrängten und seinem Unternehmen zur globalen Bedeutung verhalf. Praktisch alle heute weltweit produzierten Gelenk-Bandagen sind nach dieser Idee gefertigt, welche im Sinne einer funktionellen Frühtherapie durch Kompression und Bewegung die Nachbehandlung nach Sportverletzungen, bei Sportschäden und später auch bei degenerativen Gelenkschäden revolutionierte.
Für Hans Bauerfeind bedeutete die Deutsche Einheit ein Geschenk für Deutschland. Daher war es für ihn keine Frage, seine Firma von Kempen am Niederrhein in die Heimatstadt seiner Familie – nach Zeulenroda – zu verlagern. Er bewies unternehmerischen Mut und Risiko und ließ moderne Produktionsstätten für seine Firma im wirtschaftlich darniederliegenden Zeulenroda aufbauen. Auf dem Hügel von Zeulenroda ließ er den Bauerfeind-Turm (analog zum BMW-Turm von München) errichten. Das FDGB-Ferienheim am See ließ er zum erfolgreichen See-Tagungshotel mit Wellnesseinrichtungen umbauen. Weitere Investitionen erfolgten in den Tourismusbereich der ländlich einst „abgehängten“ Region. Damit übernahm er unternehmerische Verantwortung für den Aufbau Ost und ermöglichte viele Arbeitsplätze, stärkte das Selbstbewusstsein und sorgte für Hoffnung in der Bevölkerung.
Hans Bauerfeind besaß ein hohes Qualitätsbewusstsein mit dem Festhalten am deutschen Produktionsstandort, welches insbesondere nach der Rückverlagerung der Firma nach Zeulenroda zur Fertigung zahlreicher weiterer erfolgreicher medizinischer Hilfsmittel für Wirbelsäule und Füße sowie von Phlebologen mitentwickelte Kompressionsstrümpfe zur überragenden Weltgeltung mit zahlreichen Tochtergesellschaften führte.
Der Sportmedizin war er immer treu verbunden als „Offizieller Service Partner der Stiftung Deutsche Sporthilfe“, bei vielen olympischen Spielen mit Betreuerteam vor Ort und Unterstützung auch des Betreuerstabes der Deutschen Fußballnationalmannschaft. Der Hall of Fame Basketballer Dirk Nowitzki wurde zum Markenbotschafter der Firma Bauerfeind. Besonders die GOTS hat ihm für seine Unterstützung viel zu verdanken. Neben der Unterstützung als Partner der GOTS-Jahreskongresse, der Förderung der Ausbildung zum GOTS-Sportarzt, des Young-Investigator Awards für junge wissenschaftlich interessierte Ärztinnen und Ärzte und des internationalen Austauschprogramms (Asien-Fellowship) entschied sich Hans Bauerfeind auch zu spontaner unkonventioneller Unterstützung: Als amerikanische Kollegen die englische Ausgabe des GOTS-Manuals verhindern wollten, übernahm er die Produktionskosten und ließ das Buch „Made in Germany“ in den neuen Bundesländern herstellen. Auch als zum 30-jährigen Bestehen der GOTS für die Jubiläumsbroschüre kein Geld bereitgestellt wurde, übernahm er kurzerhand die Druckkosten, um das Erscheinen zu ermöglichen. Ein großes Anliegen war ihm der Aufbau eines großen sportorthopädischen Kongresses in seiner Heimatstadt Zeulenroda. Vor 15 Jahren bat er die GOTS, einen fachlich hochwertigen Kongress in seiner Heimatstadt zu organisieren. Er wollte, dass auch im Osten Deutschlands die Ärzte eine Kongressheimat finden sollten. Mittlerweile ist der Zeulenrodaer-Kongress für Orthopädie und Sportorthopädie (ZKOS) mit über 200 Ärztinnen und Ärzten zu einer festen Größe im Kongresskalender geworden.
Hans Bauerfeind erhielt zahlreiche Ehrungen, u.a.:
Hans Bauerfeind war als Unternehmer entscheidungsfreudig und nicht selten unkonventionell. Er legte Wert auf ein harmonisches Arbeitsklima und pflegte einen fast väterlichen Umgang mit seinen Mitarbeitern. Er stiftete eine Professur für Phlebologie an der Ruhr-Universität-Bochum und veranlasste viele soziale Wohltaten in seiner Heimat Zeulenroda, durch die viele Arbeitsplätze entstanden sind.
Mit Hans Bauerfeind verlieren wir einen der bedeutendsten Familien-unternehmer Deutschlands sowie einen guten Freund, der immer viel gefordert, aber auch immer viel zurückgegeben hat durch sein Verantwortungsbewusstsein für Ostdeutschland sowie für sein Unternehmen, seine Mitarbeiter, für die deutsche Medizintechnik und ganz besonders für seine Familie. Seine Firma ist auch zukünftig in guten Händen.
Wir werden ihn alle sehr vermissen und drücken seiner Familie unser tief empfundenes Beileid aus.
Ernst Jünger: Mit jedem dieser Sehr-Alten, deren Namen uns seit Jahrzehnten vertraut sind, geht mehr dahin als nur eine Person, eine Zeit nimmt Abschied
Prof. Dr. Martin Engelhardt Prof. Dr. Heinrich Heß
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